Votivgaben
Standort
Ukht, adak, táma lauten auf Armenisch, Türkisch und Griechisch die Begriffe für „Gelübde“. Mitte der 1970er Jahre beginnen zwei Wiener Ethnologen im östlichen Mittelmeer wie besessen Weihegaben aus Silber oder gestanztem Blech zu sammeln. Im Museum für Völkerkunde wird eine Orient-Abteilung eingerichtet, die es nun mengenmäßig aufzustocken gilt. Materielle Zeugnisse aus der immateriellen „Volkskultur“ sind gerade en vogue. Sie führen eine „Sammlerhitparade“, um festzuhalten, wer von beiden die meisten Objekte in den Sammlungsbestand einbringt. Dann schwärmen sie aus. In Istanbul, Damaskus und Kairo erwerben sie im Antiquariat oder auf Marktständen vor Kirchen en masse jene Gaben, mit denen himmlische Gunst zurückbezahlt wird. Unter dem Angesammelten findet sich eine koptische Votiv-Ikone aus Kairo mit der Darstellung der heiligen Theresa von Lisieux, mit Kruzifix und Blumen in den Händen; eine sorgfältige Treibarbeit in Silber mit arabischer Weiheinschrift und Datierung (1925). Dem folgen in Blech gestanzte Weihegaben, mit denen vor nicht allzu langer Zeit ganze Wandflächen katholischer, griechisch-orthodoxer und armenischer Kirchen zutapeziert wurden. Ein menschliches Ersatzteillager: Köpfe und Gesichter, Ohren, Augen (einzeln oder doppelt, mit oder ohne Augenbrauen), Nasen, Rümpfe, weibliche Brüste (sie zählen zu den häufigsten Opfergaben), hier ein Nabel und dort eine Leber, dann haufenweise die allerlei Wünsche symbolisierenden Herzen (meist verziert und oben mit Flamme), ausgestreckte Arme und flache Hände mit aneinander liegenden Fingern, Beine und Füße. Dazu noch Kreuze, Häuser oder, pars pro toto, Haustore, dann Brautkränze, um eine glückliche Ehe zu erlangen, und schließlich bekleidete Menschenfiguren beiderlei Geschlechts, vom Wickelkind bis zum Greis. Ja, sogar Autos und Flugzeuge finden sich darunter. Relikte aus vergangenen Zeiten? Mitnichten. In einer Welt voller Ungewissheiten haben Votivgaben wieder Hochkonjunktur. Auch in unseren Breiten.
Objektdaten
150479 und andere
Votivgaben
Alfred Janata (3. März 1933 - 16. Mai 1993 Wien)
Alfred Janata (3. März 1933 - 16. Mai 1993 Wien)
Alfred Janata (3. März 1933 - 16. Mai 1993 Wien)
Peter Wolfgang Schienerl (1940 Wien - 2001 München) - GND
Peter Wolfgang Schienerl (1940 Wien - 2001 München) - GND
Peter Wolfgang Schienerl (1940 Wien - 2001 München) - GND
Erste Hälfte des 20. Jahrhundets
1970
Silber, Metall
H. max. 14.1 cm