Dekorierte Töpferwaren

Standort

Derzeit ausgestellt:
Mezzanin: Der Orient vor der Haustüre

Ägyptisches hat im Sinne des 19. Jahrhunderts zugleich schön und echt zu sein. Das gilt auch für die Keramiken aus Asyut, die bereits seit 1851 auf den Internationalen Weltausstellungen zu sehen sind und deren anscheinend von altägyptischen Keramiken inspirierte Formgebung das Publikum begeistert.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gehört für begüterte Europäer eine Nilkreuzfahrt zum Höhepunkt einer Ägyptenreise. In Asyut, auf dem Weg von Kairo nach Assuan am westlichen Nilufer, decken sich die Touristen mit den typischen Erzeugnissen der Töpfermetropole ein. In Hunderten von Häusern dreht sich die Töpferscheibe, um Ware für den lokalen Bedarf, den Tourismus und den Export herzustellen: Flaschen zum Frischhalten von Trinkwasser, Räuchergefäße, die in den ärmeren Moscheen Asyuts jene aus Silber ersetzen, Blumenvasen, Flakons für Rosenwasser, Tee- und Kaffeeservices, Behälter für Tabak, Badeschalen oder Hornhaut-Fußraspel in Krokodilgestalt. Viele Töpfer markieren ihre Erzeugnisse mithilfe kleiner runder Stempel mit ihrem Namen. Einige ergänzen diesen, als wollten sie die Echtheit des Produkts zusätzlich unterstreichen, mit nachempfundenen Stempeln europäischer Silbermanufakturen. Bis vor kurzem hatten in Europa Vasen aus der ägyptischen Antike Form und Dekor von Silber- und Porzellanwaren beeinflusst. Nun hingegen dienen, wie Gaston Maspero, der Chef der ägyptischen Altertümerverwaltung in Egypt: Ancient Sites and Modern Scenes (London 1910) schreibt, europäische Silberwaren aus Frankreich und Wien den Töpfern in Asyut als Vorbild. Im Gefolge von Tourismus und transnationalem Handel war ein Gemisch aus lokaler Töpferkunst und europäischen Erwartungen entstanden: ausreichend „ägyptisch“, um exotisch zu wirken, vertraut und wohlfeil zugleich, um als „typisches“ Erinnerungsstück nach Hause mitgenommen zu werden.

Der Erste Weltkrieg bereitet den Kreuzfahrten im Land der Pharaonen ein vorläufiges Ende. In Asyut wird die Keramikproduktion eingestellt. Heute erinnert sich dort niemand mehr an das einst blühende Töpfereigewerbe.

Objektdaten

Inv. Nr.

47764 und andere

Objektbezeichnung

Dekorierte Töpferwaren

Sammlung

Josef Szombathy (1853 Wien - 1943 Wien) - GND

Schenkung

Wilhelm von Gutmann (1826 Leipnik (Mähren) – 1895 Wien) - GND

Datierung

1893

Zugangsdatum

1893

Material/Technik

Keramik

Maße

H. max. 27 cm