Meinl Kaffee von Eugene Quin

Interview mit Tal Adler 23.06.2015

Eugene Quinn ist aus London. Er hat ein Päckchen guten Meinl Kaffee mitgebracht. Bevor er vor sechs Jahren nach Wien gezogen ist, hat er keinen Kaffee getrunken. Als er seine Frau kennen lernte, standen sie vor der schwierigen Entscheidung, ob sie nach London oder er nach Wien ziehen solle; sie hatte zuvor noch nie mit einem Mann zusammengelebt und er noch nie mit einer Frau und das alles war doch ziemlich riskant – die Wohnung, das soziale Umfeld und den Job aufzugeben. Damals war er Radiomacher in London und es war klar, dass er diesen Job nicht mehr ausüben kann, wenn er nach Wien zieht. Er brauchte also in Wien einen neuen Job und als Migrant schaut man sich natürlich um und fragt sich, was hier fehlt, wo die Lücke ist, die man füllen könnte.

Für Quinn sind die Kaffeehäuser das Beste, was Wien zu bieten hat: Sie sind zeitlos, nicht kommerziell; etliche wurden zwar kitschig und viele Wiener frequentieren sie auch nicht mehr, manche dieser Plätze haben jedoch ihre besondere Qualität behalten, sie sind immer noch ziemlich außergewöhnlich; in manchen kann man sehr günstig Kaffee trinken und wenn man sie betritt, wirken sie wie eine Filmkulisse; sie sind sozusagen „old school“ – auf sehr faszinierende Weise. Inspiriert von alldem schuf Quinn gemeinsam mit zwei anderen Paaren ein neues Format: die „Vienna Coffehouse Conversations“. Die Idee ist, dass Leute aus Wien Personen von den United Nations treffen, also jemanden, der oder die bei den UN arbeitet. In Wien hat man ja kein sehr positives Bild von den UN – man kennt sich nicht und das ist ziemlich eigenartig. Bei den Coffeehouse Conversations jedoch trifft man sich auf gleicher Augenhöhe – die Wiener_innen und Personen aus China, aus dem Kongo, aus Israel oder New York. Sie stellen sich dann unterschiedliche Fragen wie: „Was in deinem Leben ist Zeitverschwendung?“, „Welche Bedeutung hat Geld für dich?“ Insgesamt sind es 25 Fragen, die von Quinn vorgegeben werden. Die Coffeehouse Conversations gibt es nun schon drei Jahre lang jedes Monat.

Irgendwer (vielleicht Quinn selbst) hat einmal gesagt: Wiener sind nicht sehr gut in „small talk“, aber sie sind sehr gut in „big talk“. Die meisten Nicht-Österreicher lesen ja nie etwas über österreichische Politik, außer wenn wieder irgendetwas Schlimmes über Roma oder Juden gesagt wird. Die Coffeehouse Conversations wollen dem entgegenwirken und in Zeiten rechter Politik jene Wiener zeigen, die gerne mit Fremden zusammensitzen, essen, reden, die Welt entdecken und jenseits der Fiacker-Klischees darüber sprechen, warum Wien eine der lebenswertesten Städte der Welt ist. Die Teilnehmenden werden nicht ausgewählt, sondern es kann jeder kommen, der will, und so repräsentieren die Teilnehmenden nicht Wien, sondern nur sich selbst. Wer zu den Coffeehouse Conversations kommt, bezahlt eine Kleinigkeit und erhält dafür einen Kaffee oder auch ein Glas Wein oder ein „Dinner“. Quinn bestimmt, wer mit wem sitzt, damit neue Dialoge in Gang kommen. Daraus entstand über die Jahre hinweg eine Plattform, die auch Firmen für gepflegte Konversation nutzen.

Wenn in London manche den ganzen Tag im Pub sitzen und sich betrinken, dann sprechen sie auch die ganze Zeit mit anderen Leuten. Die Wiener sind da anders; sie gehen ins Kaffeehaus, um für sich zu sein, sie fühlen sich nicht wohl, an einem großen Tisch zu sitzen. Und genau dieses Verhaltensmuster kann durch diese gestalteten Konversationen aufgebrochen werden, meint Quinn, der sich hier in Wien viel wohler fühlt als seine Frau; das sei aber bei internationalen Paaren durchaus üblich, dass die Wiener_innen viel skeptischer sind, was ihre Stadt betrifft.

Die Coffeehouse Conversations sind nicht seine einzige Aktivität in diese Richtung geblieben – heute macht Quinn viele Projekte, die sich mit der Stadt und mit „Social Dining“ beschäftigen.

 

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