Ring von Shukria Hassan

Interview mit Oliviu Moiseanu22.08.2016

Das Schmuckstück, das Shukria besonders am Herzen liegt, ist ein Verlobungsring, den sie zu ihrem 17. Geburtstag überraschend von ihrem Freund geschenkt bekam.

Shukria kommt ursprünglich aus Afghanistan, musste aber mit ihrer gesamten Familie das Land verlassen. Ihr Bekenntnis zum sunnitischen Islam und der Umstand, dass sie zu den wohlhabenderen Bewohner ihrer Heimatstadt zählten, brachte sie in Lebensgefahr. Nach zwei gescheiterten Entführungsversuchen beschloss die Familie, ihr altes Leben zurückzulassen. Shukria war damals 12 Jahre alt. Nach einem Zwischenfall in Griechenland musste sie alleine mit ihrem kleinen Bruder weiterreisen und erreichte Österreich, wo sie erst einige Monate später mit ihrer Familie wiedervereint wurde.

Shukria ist froh, in Österreich zu leben und keine Angst haben zu müssen, auf die Straße zu gehen. Zum Zeitpunkt des Interviews machte sie ihren Hauptschulabschluss nach und plante, nach Graz zu ziehen und dort eine Ausbildung als Sozialbetreuerin zu machen. Seit neun Monaten arbeitet sie bei der Diakonie als Dolmetscherin. Die Gesundheit ihrer Mutter ist angeschlagen, weshalb sie viele Aufgaben im Haushalt übernimmt und sich um ihre jüngeren Geschwister kümmert. Das sehen auch ihre Eltern und unterstützen ihre Entscheidung, nach Graz zu ziehen, denn in Wien hätte sie keine Zeit zu lernen. Das Einzige, das sie etwas traurig macht, wäre die Entfernung zu ihrem Freund in Wien.

Ihren Freund hat Shukria zufällig und mit Hilfe von Facebook kennen gelernt. Nachdem sie sich zwei Monate lang im virtuellen Raum näher gekommen waren, kam die Zeit für ein erstes Treffen. Shukria ist dankbar, jemanden gefunden zu haben, mit dem sie über alles sprechen und dem sie vertrauen kann. Nach zwei Monaten überreichte er ihr unerwartet einen Verlobungsring. Einige Zeit und viel Gespräche mit Schwestern und Freundinnen später entschied sie sich, ihm auch einen Ring zu geben. Bevor sie aber an Heirat denkt, möchte sie sich noch auf ihre Ausbildung konzentrieren.

Der Ring, von einem türkischen Juwelier am Kepplerplatz gekauft, war ihr anfangs zu klein und musste umgetauscht werden. Er ist aus Gold und mit Mustern verziert, aber für Shukria ist nicht das Kleinod selbst wichtig, sondern dass ihr Freund sie glücklich machen will. Sie würde sich wünschen, dass auch andere Jugendliche lernen, geduldig und einfühlsam mit ihren Partnerinnen und Partnern umzugehen und sich besser gegenseitig zuhören.

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