Tasche von Dora Flor

Sri Kuhnt-SaptodewoBrunnenpassage07.05.2015
„Die Tasche trägt alles für mich und ihre starken Ledergriffe geben mir das Gefühl, nicht im Stich gelassen zu werden.“

Die ursprüngliche Besitzerin der Tasche war Fatima, ein 15-jähriges marokkanisches Mädchen, das im Rahmen einer Scheinehe mit einem Deutschen nach Bochum migrierte. Fatima nahm die Tasche als Erinnerung an ihre Heimat und als Trägerin der Hoffnung auf ein besseres Leben mit. Als sie volljährig war, ließ sie sich von ihrem Ehemann scheiden und heiratete aus Liebe einen anderen Mann, mit dem sie nach Österreich übersiedelte. Doch auch in Österreich wurde Fatima nicht glücklich. Sie fühlte sich hier nicht willkommen und hatte zudem sehr wenig soziale Kontakte. Eine Ausnahme bildete Dora, die sehr viel Zeit mit ihr verbrachte und ihr zur Freundin wurde. Nach vier Jahren übersiedelte Fatima erneut. Bevor sie aber nach Barcelona ging, schenkte sie Dora als Zeichen der Dankbarkeit und Freundschaft ihre Lieblingstasche aus der Kindheit. Fatima wollte, dass sie von nun an Dora gehöre, weil sie die einzige war, die ihr ein Gefühl von Heimat vermittelte.

Die Tasche wurde zu Doras Lebensbegleiterin. Egal wo sie hinfährt, sie nimmt sie immer mit – als „Trauzeugin, Zeitzeugin und treue Lebensbegleiterin“. Die Tasche trägt alles für sie und ihre starken Ledergriffe geben Dora das Gefühl, nicht im Stich gelassen zu werden. Fährt sie nach Brasilien, wo sie geboren wurde, lässt sie die Tasche nachts immer draußen stehen, damit sie atmen kann. Sie hat den Eindruck, dass die Tasche sich über die Sterne am Himmel freut. Genauso wie damals in Marokko.

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